Geldautomatensprengungen verhindern
So können Banken Menschen und Werte schützen.
Das Kriminalitätsphänomen Geldautomatensprengung stellt Banken in Deutschland vor immer größere Herausforderungen. Doch es gibt einige Empfehlungen, wie dem zu begegnen ist. Und diese lassen sich mit den ganzheitlichen Lösungskonzepten für die Sicherheit von Geldautomaten und Foyers von Bosch optimal umsetzen. Thomas Jörg, Branchenmanager Banken bei Bosch Energy and Building Solutions, erläutert Details im Interview.
Die Angriffe auf Geldautomaten nehmen zu und die Täter gehen immer skrupelloser vor. Herr Jörg, können Sie Näheres zur aktuellen Situation sagen?
Die Fallzahlen der Sprengung von Geldautomaten in Deutschland haben 2022 einen neuen Höchststand erreicht. Nach Angaben der Landeskriminalämter gab es fast 500 Fälle im vergangenen Jahr, 27 Prozent mehr als 2021. Besonders gravierend ist dabei die Zunahme von Taten mit hochgefährlichen Festsprengstoffen: 2019 etwa waren es 18 Festsprengstoffattacken, 2021 bereits 250.
Der Schaden ist enorm. Durchschnittlich 100 000 Euro beträgt im Einzelfall die Beutesumme – auf knapp 20 Millionen Euro belief sich 2021 der Beuteschaden. Dazu kommen hohe Sachschäden, etwa an Gebäuden und technischen Anlagen. Ganz zu schweigen von der Gefahr für Leib und Leben von Anwohnern, Passanten, Mitarbeitern und Kunden der Banken. Geldautomatensprengungen gefährden Menschenleben. Darauf weist auch Bundesinnenministerin Nancy Faeser hin und stellt klar: „Geldautomatensprengungen lassen sich dauerhaft nur durch effektive, flächendeckende Präventionsmaßnahmen verhindern.“
Thomas Jörg
Über unseren Experten
Als Branchenmanager Banken verantwortet Thomas Jörg bei Bosch Energy and Building Solutions die strategische Weiterentwicklung der innovativen Sicherheitslösungen für Banken. Er hat ein duales Studium im Fach Wirtschaftsingenieurwesen bei Bosch absolviert und sich im Anschluss ab 2018 bei Bosch zunächst auf die Zusammenarbeit mit den IT-Dienstleistern der Banken spezialisiert, bevor er 2021 das Branchenmanagement übernahm. Neben Recherchen und Analysen prägt der Austausch mit Entscheidern und Experten seinen Job. Am meisten Spaß macht ihm die Vielfältigkeit seiner Tätigkeit. „Dass ich Lösungen vom anfänglichen Kundenbedarf bis zur finalen Umsetzung begleiten kann und miterlebe, wie eine von uns geplante und entwickelte Lösung beim Kunden zum Einsatz kommt, das finde ich großartig.“
Wir sind Brückenbauer, Maßschneider, Vorreiter und Möglichmacher.
Was sind die Gründe für den Anstieg der Geldautomatensprengungen in Deutschland?
Aufgrund der Vielzahl von eigenständigen Bankinstituten sind wir in Deutschland von einem einheitlichen Sicherheitsstandard weit entfernt. Das macht es Tätern zu einfach. Die Bankenlandschaften unserer Nachbarländer Niederlande und Frankreich unterscheiden sich dagegen stark von uns, und es konnten dort durch gesetzliche Vorgaben und effektive Maßnahmen Angriffe auf Geldautomaten erfolgreich eingedämmt werden. Deshalb kommen die Täter aus den Nachbarländern vermehrt zu uns, um ihr Vorhaben bei hiesigen Banken umzusetzen.
Wir brauchen also Gesetze für bessere Sicherheitsstandards?
Fakt ist: Bundesweit einheitliche gesetzliche Regelungen für den sicheren Betrieb von Geldautomaten gibt es bei uns noch nicht. Aber im Herbst 2022 saßen auf Initiative des Bundesinnenministeriums (BMI) hin Vertreter von Banken, Versicherungsunternehmen, Bundeskriminalamt und Polizei an einem Runden Tisch und haben in einer gemeinsamen Erklärung konkrete Empfehlungen für die Absicherung von Geldautomaten und Bankfoyers veröffentlicht. Zu diesen gehören zum einen organisatorische und mechanische Maßnahmen wie die Schließung des Foyers in der Zeit von 23 bis 6 Uhr und Schutzvorrichtungen am Geldautomaten, oder auch Banknotenneutralisierungssysteme. Zum anderen elektronische Sicherheitslösungen wie Einbruchmeldetechnik und Videoüberwachung sowie Vernebelungstechnik.
Woher wissen die Banken, welche dieser Maßnahmen für sie geeignet sind? Was raten Sie ihnen?
Grundsätzlich gilt: Einzelmaßnahmen bringen wenig, es sollte immer eine ganzheitliche Sicherheitslösung angestrebt werden – also eine Kombination aus mehreren Systemen und Anlagen, die auf das jeweilige Kreditinstitut, die Filiale, den Standort zugeschnitten ist. Wichtig ist auch die richtige Zielsetzung. Es geht darum, eine Geldautomatensprengung zu vermeiden. Eine gute Sicherheitslösung setzt deshalb vor der Tat an, hält Bankräuber also von der Durchführung der Sprengung ab oder erschwert sie zumindest so, dass wertvolle Zeit für eine Intervention gewonnen wird.
Vor Augen führen muss man sich dabei, dass sich die Bedrohungslage für Banken und Finanzinstitute in den vergangenen Jahren stark verändert hat: Durch moderne Kassensicherungssysteme und weniger griffbereites Bargeld im Servicebereich haben sich die Übergriffe vom klassischen Banküberfall hin zu Angriffen auf Geldautomaten und Foyers verlagert. Vor allem hier sollte deshalb also die Überwachung stattfinden. Bosch kann ein entsprechend zielgerichtetes Überwachungskonzept mit dem Kunden aufsetzen. Wir starten dabei gern mit einer unverbindlichen Beratung, bei der die Kundenerfordernisse erst einmal besprochen werden. Basierend auf einer genauen Bedarfsanalyse entwickeln wir dann zusammen mit dem Kunden ein maßgeschneidertes Konzept, setzen die komplette Lösung um und betreiben diese als Partner.
Wie sieht so eine ganzheitliche Foyersicherheitslösung von Bosch denn aus?
Nehmen wir zum Beispiel ein Selbstbedienungsfoyer. Dieses wird idealerweise nachts verschlossen. Zeitgleich werden eine Einbruchmeldeanlage und ein Videoüberwachungssystem aktiviert. Verschaffen sich Täter gewaltsam Zutritt zum Foyer oder nehmen sie kriminelle Handlungen vor, wird etwa über einen Magnetkontakt in der Tür oder Bewegungsmelder ein Alarm ausgelöst. Per Videobildübertragung erhält die Bosch Notruf- und Serviceleitstelle unmittelbar Live-Bilder aus dem Foyer. Ein Mitarbeiter führt dann eine Alarmverifikation durch und löst im Ernstfall die sofortige Intervention aus: beispielsweise die Live-Ansprache der Täter oder eine sekundenschnelle Vernebelung des Foyers, eventuell in Kombination mit einem Stroboskop. Der Täter verliert so komplett die Orientierung und wird aus dem Foyer gedrängt – das Tatvorhaben ist damit beendet.
Bosch setzt also auf eine umfassende, integrierte Lösung aus Zutrittskontroll- und Einbruchmeldesystem, Videoüberwachung, Beschallungs- und Sprachalarmierungssystemen sowie Vernebelungstechnik?
Ja. Darauf kommt es an. Maßnahmen wie Banknotenneutralisierung beispielsweise durch Einfärben oder Verkleben sind eine Ergänzung. Aber sie wirken erst, wenn die Sprengung des Geldautomaten schon passiert ist. Wir konzentrieren uns auf Prävention und Schnelligkeit. Denn für eine Tat mit Festsprengstoff brauchen professionelle Täter nur wenige Minuten – die „Rekordzeit“ liegt bei 38 Sekunden.
Was überdies zu erwähnen ist: Unsere Zutrittskontrollsysteme sind auch mit unseren Lösungen für Zeiterfassung und Zeitwirtschaft verknüpfbar. Dadurch ergeben sich verschiedene Vorteile für den Kunden abseits der reinen Sicherheitsaspekte. So kann etwa mit nur einer Zugangskarte die Zutrittskontrolle und die Scharf-/Unscharfschaltung der Einbruchmeldeanlage sowie die Durchführung aller Zeitbuchungen erfolgen, und eine übersichtliche zentrale Verwaltung aller Türen und Benutzer in der Zutrittskontrollsoftware wird ermöglicht. Und unsere Systeme sind in die IT-Netze der Banken und Sparkassen integrierbar – wir arbeiten hier eng mit unseren Partnern Finanz Informatik und Atruvia zusammen. So kann die Datenübertragung direkt über das Netz des jeweiligen Geldinstituts erfolgen – die Verbindung zu Bosch lässt sich also ohne zusätzliche Anschlüsse oder Internetgebühren herstellen.
Zum Thema Reaktionsschnelligkeit: Spielt Automatisierung hierbei auch eine wichtige Rolle?
Das ist ein wichtiger Punkt, in der Tat. Um noch schnellere Reaktionszeiten zu erzielen, können Interventionsmaßnahmen anstatt durch manuelle Prüfung durch eine Leitstelle auch automatisch und unmittelbar ausgelöst werden. Bosch wird im Laufe des Jahres 2023 eine automatische Sicherheitslösung für Foyers und Geldausgabeautomaten, die derzeit entwickelt wird, auf den Markt bringen.
Dabei spielt intelligente Videotechnik eine wesentliche Rolle: Die Videoanalyse der Bosch IP-Kameras erkennt über einen Referenzbildabgleich Auffälligkeiten im Foyer. So können Personen sofort identifiziert werden. Sobald Täter das Foyer gewaltsam öffnen und mehrere Melder auslösen, wird automatisch die Vernebelungsanlage gestartet und zeitgleich werden die hilfeleistenden Stellen und die Polizei alarmiert. Das verschafft einen wesentlichen Zeitvorteil – insbesondere bei Geldautomatensprengungen mit Festsprengstoff können diese Sekunden entscheidend sein, und es können so vor allem besonders risikobehaftete Standorte abgesichert werden.
Welche Botschaft geben Sie den Geschäftsführern, Filialleitern und Sicherheitsbeauftragten der Finanzdienstleister in Deutschland in der gegenwärtigen Situation noch mit?
Dass sie keine Angst vor vermeintlichen Fehlinvestitionen haben sollten. Es bleibt ein Wettlauf zwischen Banken und Tätern – und der Klügere gewinnt. Klug ist es aus unserer Sicht, regelmäßig die Sicherheitstechnik der eigenen Filialen auf den Prüfstand zu stellen und zu optimieren. Mit Bosch als Partner sind Anpassungen, die durch technische Entwicklung oder auch gesetzliche Änderungen sinnvoll oder nötig werden könnten, jederzeit problemlos durchführbar.
Wir sind kompetenter Systemintegrator für Finanzinstitute und unterstützen sie dabei, dass sie sich auf ihr Kerngeschäft fokussieren können. Unsere Lösungen decken dabei alle Bereiche der Filiale ab – ganz gleich, um welchen Bankentyp es sich handelt. Basierend auf unserer jahrzehntelangen Erfahrung in diesem Bereich planen, entwickeln, realisieren und betreiben wir zusammen mit unseren Kunden maßgeschneiderte Sicherheitslösungen, mit denen sie sicher in die Zukunft gehen können. Der Kunde profitiert davon, dass er bei uns für alle Themen einen festen Ansprechpartner hat und alles aus einer Hand erhält – wir sind sein Möglichmacher für integrierte Gebäudelösungen.