Eine KI-Videolösung schützt den Aachener Dom vor Brand, Einbruch und Vandalismus
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Eine vernetzte Brandschutz- und Sicherheitslösung setzt Zeichen: Gemeinsam mit dem Ingenieurbüro plan ing hat Bosch für die Dombauhütte eine intelligente Videolösung entwickelt und realisiert, die den Aachener Dom umfassend schützt und zum Erhalt des Weltkulturerbes beiträgt.
Der Aachener Dom ist mit seinen 1200 Jahren Baugeschichte ein architektonisches Meisterwerk. Es gilt als Hauptwerk der karolingischen Architektur und nimmt eine wichtige Stellung in der gesamteuropäischen Architekturgeschichte ein. 1978 wurde die Aachener Pfalzkapelle auf die Liste der UNESCO-Welterbestätten gesetzt, als erstes deutsches Bauwerk überhaupt. In 31 Meter Höhe krönt eine Kuppel das Gebäude, 365 Tage im Jahr strömen die Besucher zu den Gottesdiensten oder besichtigen den oktogonalen Zentralbau, die Chorhalle sowie die Nebenkapellen.
Wie schützt man ein solches Bauwerk?
Das ist eine der großen Herausforderungen für Dombaumeister auf aller Welt. „Wir haben zwar eine Brand- und Rauchmeldeanlage in den Dachstühlen samt einer Feuerlöschanlage von 1929, aber es gab keine zuverlässige Lösung für die Innenräume. Der sakrale Bereich mit den Kunstgegenständen, den Orgeln, Altären, Holzskulpturen, Malereien, Schränken für Messgewänder und Chorkleidung sowie das Chorgestühl waren ungeschützt", ", sagt Helmut Maintz, der als Dombaumeister über 20 Jahre für den Aachener Dom verantwortlich war und Anfang 2023 das Bauwerk an seinen Nachfolger Jan Richarz übergeben hat. „Brandschutz im Aachener Dom ist schon länger ein Thema“, erläutert Ralf Wolters, der die Dombauhütte Aachen mit seinem Ingenieurbüro plan ing seit vielen Jahren unterstützt. „Aufgrund der Konstruktion eines Doms ist es allerdings schwierig, eine zufriedenstellende Lösung mit herkömmlicher Technologie wie Rauchmeldesystemen oder Lichtschranken zu finden. Denn was in einem übersichtlichen Raum funktioniert, stößt in einem verwinkelten, großen Sakralbau mit strengem Denkmalschutz schnell an seine Grenzen. In Aachen kam hinzu, dass die veraltete Elektrotechnik das größte Risiko für einen Brand darstellte, welches zuerst behoben werden musste.“ Im Zuge der Modernisierung der elektrischen Installationen konnte nun auch der Brandschutz völlig neu gedacht werden. In Bosch Energy and Building Solutions fanden Ralf Wolters und Helmut Maintz den geeigneten Sparringspartner, um bislang Unmögliches möglich zu machen und zusätzlich noch weitere Herausforderungen in den Bereichen Einbruchsschutz und Vandalismus zu lösen.
Intelligente Brandfrüherkennung schützt Menschen und einmalige Kunstschätze
Im Mittelpunkt der Lösung steht die videobasierte Brandfrüherkennung AVIOTEC von Bosch. Über 50 Kameras in 16 Räumen wurden im Aachener Dom installiert und bilden ein ausgeklügeltes Videoüberwachungssystem. Die IP-Kameras mit integrierter Videoanalyse erkennen visuell Flammen und Rauch direkt an der Entstehungsquelle, Brände können schnell identifiziert werden.
Die KI-gestützte Videolösung kann aber noch mehr: Sie wird in den Nachtstunden für die Alarmierung bei Einbrüchen genutzt. Während der Öffnungszeiten hilft sie dabei, die wertvollen Kunstgegenstände und Heiligtümer des Doms vor Vandalismus zu schützen, indem sie alarmiert, wenn virtuelle Sperrzonen um die Exponate betreten werden. Eine spezielle Software mit Statistikfunktion analysiert die Besucherströme und informiert die Domschweizer (Türhüter und Aufseher in katholischen Kirchen) über das Smartphone, sobald die maximale Besucherzahl im Dom erreicht ist, damit weitere Vorkehrungen getroffen werden können.
„Es war ein entscheidendes Argument für das System, das es all diese Aspekte abdeckt und in einem einzigen Gerät bündelt”, sagt Helmut Maintz. „Normalerweise müssten für diese Anforderungen mehrere Technologien verbaut werden. Ein Bewegungsmelder für die Bewegungsdetektion und eine Alarmanlage samt Türkontakte sowie entsprechende Brandmelder für die Brandmeldetechnik oder Ansaugsysteme”, fasst Uwe B. Herrmann, Salesmanager und Projektverantwortlicher bei Bosch Energy and Building Solutions, zusammen. „Aber mit AVIOTEC steht uns eine Videokamera zur Verfügung, mit der alle diese Herausforderungen gelöst werden.”
Aviotec erleichtert die Arbeit der Feuerwehr
Ein starkes Plus der Aachener Lösung ist das enge Zusammenspiel mit der Berufsfeuerwehr vor Ort. Erkennt eine der Kameras einen entstehenden Brand, wird umgehend ein Alarm ausgelöst und die Berufsfeuerwehr Aachen über die normativ eingebundene Brandmeldeanlage informiert. Zusätzlich erhält die Feuerwehr beim Eintreffen auf einem Monitor am Anlaufpunkt Live-Bilder aus dem Dom und die Information, an welcher Stelle die Gefahr identifiziert wurde. Das spart wertvolle Zeit. „Der technische Standard des AVIOTEC-Systems hat die Feuerwehrprofis überzeugt, deshalb gewähren sie für diese Lösung eine Feuerwehraufschaltung als Sondermelder”, erklärt Uwe B. Herrmann. AVIOTEC wurde als erstes System seiner Art im Jahr 2017 VdS-zertifiziert. Damit die Kameras direkt mit der Feuerwehr in der gewohnten Sprache kommunizieren können, schuf Bosch Rexroth spezielle Schnittstellen. „Viele Firmen machen Video, viele machen Brandmeldetechnik. Aber es ist meines Wissens das erste Mal, dass erfolgreich versucht wurde, alle diese Anforderungen zusammenzuführen. Und das in so einem Bauwerk. Alle Beteiligten haben die Lösung mitgetragen und unterstützt”, zeigt sich Ralf Wolters erfreut.
Exakte 3D-Simulation, rote Klebepunkte und der Denkmalschutz
Um die ideale Position jeder einzelnen Kamera zu bestimmen, wurden zunächst Raumpläne digital erstellt, dann folgte eine aufwendige 3D-Simulation mit Hilfe spezieller Software. Rote Klebepunkte halfen dabei, die vorgesehenen Stellen im Dom zu markieren, denn vor der Installation lag noch ein weiterer wesentlicher Prozessschritt: Die Abstimmung mit dem Denkmalschutz. Dombaumeister a.D. Helmut Maintz erinnert sich: „Wir haben die Denkmalpflege zu einem frühen Zeitpunkt hinzugezogen und gezeigt, wie die Kameras aussehen, wo sie angebracht werden sollen und dass die Kabel möglichst unsichtbar verlaufen. Wir wollten den besten Schutz – und den möglichst unsichtbar. Wir haben im Dom Verkleidungen aus Marmor, Mosaikflächen und Malereien, da ist es nicht möglich, einen Schlitz zu ziehen und das Kabel zu verlegen.“ Um diese besonderen Anforderungen zu lösen, fand eine enge Abstimmung statt, bei der das Wissen aller beteiligten Partner gefragt war. Damit sie weniger sichtbar sind, wurden die Kameras von Bosch sogar schwarz foliert und in extra angefertigte Halterungen gesetzt. Auch wurde jede einzelne Kamera mit einer speziellen Gewindehalterung versehen, die Löcher zur Befestigung vorsichtig von einem Steinmetz vorbereitet. Während der Installationsphase arbeiteten zeitweise mehr als 30 Handwerker im Dom und setzten Elektrik, Beleuchtung und neue Videolösung Hand in Hand um. „Die Arbeit in einem Weltkulturerbe ist sicher etwas Besonderes, zusätzlich gab es jeden Tag zwei Messen, viele Besucher und Führungen. Mich hat die partnerschaftliche Zusammenarbeit in diesem engen Zeitraum begeistert,“ ergänzt Helmut Maintz.
Die Herausforderungen des Bauwerks zeigen die Stärken der intelligenten Lösung
Dank der Künstlichen Intelligenz können die Videokameras trotz der vielen Besucher, die täglich durch den Dom und damit durchs Bild gehen, Wichtiges von Unwichtigem trennen. Für eine immer größere Genauigkeit und Geschwindigkeit werden die Algorithmen permanent weiter verbessert. „Auch durch die schwierigen, ständig wechselnden Lichtverhältnisse in einem Dom müssen die Kameras individuell trainiert werden, damit das elektronische Auge in der Lage ist, beispielsweise Kerzenlicht von einer Brandgefahr zu unterscheiden”, erklärt Uwe B. Herrmann, der das Projekt von der ersten Stunde an begleitet hat. „Ich freue mich sehr, dass wir mit dieser Lösung einen wichtigen Beitrag zum Erhalt und zur Sicherung dieses Weltkulturerbes leisten.“ Die Besucher des Aachener Doms können sich sicher fühlen, wenn sie den Dom und die Kapellen besichtigen. Auch Dombaumeister Jan Richarz zeigt sich sichtlich zufrieden. Dombauhütten sind die pflegende Hand für die Kathedralen, sie sind dafür zuständig, sie zu erhalten und sich um sie zu kümmern - und das seit Jahrhunderten. Deshalb ist das Bauhüttenwesen seit 2020 immaterielles Kulturerbe der UNESCO. „Mit der Videoüberwachungslösung ist Aachen international ganz vorne dabei. Welterbestätten müssen besonders geschützt werden. Es gilt nicht nur, den Stein zu erhalten, sondern auch das Innere. Dies ist auch nur gelungen, da der Karlsverein/Dombauverein und damit viele Bürgerinnen und Bürger aus Aachen sowie das Land Nordrhein-Westfalen uns mit großem Aufwand unterstützt haben, damit dieses innovative Projekt realisiert werden konnte.“