Das Smartphone als Türöffner
Ein Innovationsteam arbeitet intensiv einer Mobile-Access-Lösung für neue Bürowelten und smarte Quartiere.
Wenn Julia Steinacker morgens mit ihrem Rad zur Arbeit bei Bosch in Aachen fährt, muss sie nicht mehr anhalten, umständlich eine Karte aus ihrer Tasche kramen und sie vor ein Kartenlesegerät halten. Die Garage geht wie von allein auf. Auch auf dem Weg ins Gebäude zu ihrem Büro hält sie einfach statt einer Plastikkarte ihr Handy vor den Kartenleser und schon reagiert der Türöffner. Sie muss also nur ihr Smartphone dabei haben, aber das vergisst man ja nicht so schnell wie eine Karte. Seit gut einem Jahr arbeitet die 33-Jährige mit ihrem Team an der neuen Lösung, das diesen Sesam-öffne-Dich-Zugang und andere flexible Möglichkeiten der Zutrittsprüfung mit dem Smartphone ermöglicht.
Julia Steinacker hat in Aachen Wirtschaftsingenieurwesen mit der Fachrichtung Maschinenbau studiert und ist seit vier Jahren bei Bosch, als Produktmanagerin arbeitete sie von Anfang an am Thema Karten und Leser. Dabei war sie immer im intensiven Austausch mit ihren Kunden, deren Unternehmen oft auf mehrere Standorte verteilt waren und die entsprechend viele unterschiedliche Zutrittskarten verwalten und anfragen mussten. "Wieso kann ich denn nicht mein Smartphone nutzen, um Zugang zum Gelände zu erhalten?", die Frage hörte sie plötzlich immer häufiger. Schnell war klar: "Das wird so ein starker Trend, das könnte den Markt für Zutrittssysteme komplett umkrempeln."
Eine zeitgemäße Lösung für viele Herausforderungen
Im Rahmen eines Innovationsprogramms von Bosch bekam Julia Steinacker mit ihrem Kollegen Ulrich Pinsdorf (Engineering) die Möglichkeit, in einem eigens dafür zusammengestellten Team eine Mobile-Access-Lösung zu entwickeln. Der Anspruch: Eine möglichst einfache, möglichst flexible und möglichst sichere Eingangslösung per Smartphone zu finden, die sich mit beim Kunden bereits bestehenden oder neuen Zutrittssystemen verknüpfen lässt. Julia Steinacker: "Es muss leicht verständlich und datenschutzkonform sein, es muss sicher funktionieren und es darf nicht komplizierter als die Nutzung einer Zutrittskarte sein." Und die Ausgabe eines Mobile- Access-Zugangs muss sowohl für Mitarbeiter als auch für Besucher in dem jeweiligen Verwaltungssystem, wie beispielsweise dem Bosch-Besuchermanagement, unterstützt werden.
Bisher mussten beispielsweise Besucher, externe Teilnehmer eines Meetings oder auch Dienstleister erst einmal zum Empfang, mussten hoffen, dass dort gerade jemand ist, der auch Zeit für sie hat, und dass dort nicht schon eine lange Schlange Wartender auf die Ausgabe der Zutrittskarten wartet. Da kommt man dann ganz schnell viel zu spät.
Der Betreiber des Firmengebäudes auf der anderen Nutzerseite hat einen beträchtlichen Aufwand an Zeit, Personal und damit auch Kosten: Er muss dafür sorgen, dass der Empfang ausreichend und kompetent besetzt ist, dass genügend leicht zu programmierende Plastikzutrittskarten bereit liegen und muss sich auch darum kümmern, dass die Karten beim Verlassen des Gebäudes gerade von Externen wieder abgegeben werden. Dazu kommt: Solche Karten werden gerne einmal verlegt oder irgendwo vergessen - das passiert mit dem eigenen Smartphone eher selten.
Neue Arbeitswelten erfordern neue Möglichkeiten
Noch komplexer werden die Anforderungen für den Gebäudebetreiber in sich verändernden Arbeitswelten. Wenn es keine festen Arbeitsplätze mehr gibt, wechselnde Teams nur noch projektbezogen zusammenkommen, Teamräume und andere Ressourcen flexibel genutzt werden sollen, bietet die Mobile-Access-Lösung weitere Vorteile im Vergleich zur Karte. Die Zwei-Wege-Authentifizierung am Smartphone, eine per Low Energy Bluetooth mit dem Lesegerät kommunizierende App, Schnittstellen zu bestehenden Managementsystemen bieten viel mehr und flexibel konfigurier- und einsetzbare Möglichkeiten.
Julia Steinacker war ganz am Anfang des Entwicklungsprozesses durchaus skeptisch gegenüber dem Smartphone als Türöffner. Das lag an einer schlechten privaten Erfahrung, als eine gebuchte Ferienwohnung sich eben nicht wie angekündigt per Handy öffnen ließ. "Das war superärgerlich!" Inzwischen hat ihr eigenes Projekt sie restlos davon überzeugt, dass das Smartphone "doch super Vorteile hat, dass es eine coole Lösung ist".
Intensive User Research stand für Julia Steinacker und ihr Team in den vergangenen Monaten im Mittelpunkt der Entwicklung des neuen Systems. Was ist für die Besuchsprozesse wichtig? Welche technischen Voraussetzungen sind erforderlich? Welche Sicherheitsanforderungen und Datenschutzvorgaben muss das System erfüllen? Das waren einige der Fragen, die das Team in vielen Interviews immer wieder stellte, in Workshops diskutierte, die Mobile Access-Lösung entsprechend anpasste, sie erneut von Test-Kunden ausprobieren ließ und in weiteren Interviews hinterfragte, bis alle Beteiligten damit zufrieden waren.
Im Rahmen der User Research tauschte sich das Team auch intensiv mit Portfolio-Managern von Real-Estate-Unternehmen aus. Ein neuer Trend in der Branche sind Campus-Projekte mit unterschiedlichen Nutzergruppen wie Mietern von Wohnungen, Mitarbeitenden in Büros oder anderen Nutzflächen vom Handel bis hin zu Kindertagesstätten. Gerade solche Projekte erfordern sichere, leicht zu integrierende und anpassbare Lösungen mit einer auch von anderen Anwendungen nutzbaren sicheren App, einer einfachen Managementlösung, über die Berechtigungen etwa auch per Mail verschickt werden können, und einem nahtlosen Rundum-Support.
Die beste Methode auf dem Weg zur Innovation: Zuhören
Aus all den Antworten ist ein modulares Lösungs- und Serviceportfolio mit Software zum Zutrittsmanagement, differenzierten Nutzerlizenzen, Mobile Cards-Paketen, kompatiblen Lesegeräten, Software-Wartungsangeboten und mehr entstanden. Die Zugänge zum Gebäude werden mit Lesegeräten ausgestattet, im System des Kunden wird die erforderliche Software installiert und bestenfalls mit dem Besuchermanagement verknüpft. Dann wird es beispielsweise für die Mitarbeitenden ganz einfach: Sie installieren auf ihrem Smartphone die Mobile Access-App, die an bestimmte Sicherheitskriterien wie etwa eine Zwei-Wege-Authentifizierung (PIN, Fingerabdruck, Gesichtserkennung etc.) gekoppelt ist. Ist der Mitarbeitende im Managementsystem registriert, sind die erforderlichen Berechtigungen im System hinterlegt und hat der Nutzer seine digitale Karte erhalten, muss er einfach nur sein Smartphone an den Leser halten und die Tür öffnet sich nach einem Check des Zutrittssystems in kürzester Zeit.
Das Team von Julia Steinacker kann es jetzt kaum erwarten, aus den ersten Pilot-Installationen mit bis zu 140 Nutzern die App, die browserbasierte Besuchermanagement-Oberfläche und die anderen Bestandteile des Mobile Access-Systems von Bosch noch nutzerfreundlicher verfeinern zu können.