Perfektes Klima für große Kunst

Selbst die Technik ist ein Kunstwerk im Museum Reinhard Ernst in Wiesbaden. Um zu jeder Zeit die perfekte Klimatisierung sicherzustellen, hat das Team von Bosch Energy and Building Solutions eine High-Level-Lösung realisiert, die neue Maßstäbe bei der Automatisierung intelligenter Gebäude setzt.
Das im Sommer 2024 eröffnete Museum Reinhard Ernst in Wiesbaden ist ein modernes Gebäude in reiner Perfektion – von außen wie von innen. Das Museum widmet sich der abstrakten Kunst. Präsentiert werden ausgewählte Werke aus der über 960 Positionen umfassenden Privatsammlung des Unternehmers Reinhard Ernst von 1950 bis in die Gegenwart. Als Architekt konnte Reinhard Ernst den Pritzker-Preisträger Fumihiko Maki gewinnen, der unter anderem das Four World Trade Center, ein Turm des neuen World Trade Center-Komplexes am Ground Zero in New York, entworfen hat.
Von außen präsentiert sich das Museum als ein würfelförmiges, leuchtend weißes Gebäude, das die Wiesbadener „Zuckerwürfel“ getauft haben. Das Gebäude hat eine auf mehrere Etagen verteilte Gesamtfläche von 9 700 Quadratmeter, darunter weitläufige Ausstellungsflächen auf 2 500 Quadratmetern und ein Kunstdepot. In der unteren Ebene befindet sich die Gebäudetechnik. „Die Gebäudetechnik ist so großzügig und elegant eingebaut, dass sie fast selbst wie eine eigene Kunst-Installation wirkt", so Christian Disse, GA-Techniker bei Bosch Energy and Building Solutions. „So etwas sieht man selten. Allein, dass eine Fläche von drei Tennisfeldern für die Gebäudetechnik eingeplant wurde, zeigt, welche wichtige Rolle sie in diesem Museumsbau spielt.“, erläutert der Automationsexperte, der auch schon in der Hamburger Elbphilharmonie für das perfekte Raumklima gesorgt hat.
„Spezielle Bauten, wie das Museum Reinhard Ernst, unterscheiden sich in ihren Ansprüchen – und dann ist unser Einfallsreichtum gefragt.“
Optimale Umgebungsbedingungen im Museum dank Gebäudeautomation
Zu jeder Zeit und bei jedem Event das perfekte Klima in einem Museum zu erzielen, ist keine triviale Aufgabe: Bereits geringe Abweichungen der Raumkonditionen vom idealen Zustand müssen vermieden werden, da sie zu Schädigungen der wertvollen Gemälde und Skulpturen führen könnten und auch einen materiellen Verlust bedeuten würden. „Alle zehn Ausstellungsräume, das Foyer und das Depot, in dem die übrige Sammlung lagert, sind mit Sensoren ausgestattet, welche Temperatur, Feuchtigkeit und CO2-Gehalt messen und überwachen. Die erlaubten Toleranzen sind verschwindend gering und die Automatisierung muss umgehend und zudem vorausschauend auf jegliche Störeinflüsse reagieren und sie ausgleichen. Diese können beispielsweise durch wechselnde Besucherströme oder plötzliche Wetterumschwünge hervorgerufen werden”, erklärt Christian Disse. Auch dank seiner über 30-jährigen Erfahrung hat er die Gebäudeautomation mittels raffinierter Regel- und Steuerungsalgorithmen und maßgeschneiderter Lösungen so konzipiert, dass Raumtemperatur und -feuchte konstant bleiben.
Die Vorgaben für die Raumkonditionen können sich je nach Ausstellung ändern. Aktuell gilt es exakt 21 Grad Celsius Raumtemperatur bei 50 Prozent relativer Luftfeuchtigkeit gilt es einzuhalten. Der Temperaturkorridor beträgt nur zwei Zehntel Grad und liegt damit zwischen 20,9 und 21,1 Grad Celsius. Die maximale Differenz der relativen Luftfeuchte beträgt regelungstechnisch anspruchsvolle plus minus 2 Prozent. Daher werden das Foyer, die zehn Ausstellungsräume sowie das Depot durch Datenmessungen in Echtzeit rund um die Uhr überwacht. Die Gebäudeautomation übernimmt zusätzlich das Management des aus einer autark arbeitenden Wärmepumpe und einer Fernwärmeübergabestation bestehenden Heizsystems und sorgt dabei für die effiziente Nutzung der Wärmepumpen sowie die Verteilung der Energieströme. Die Klimatisierung des Gebäudes erfolgt über Klimaanlagen sowie Heiz- und Kühl-Böden, -Decken und -Wände, die durch das Gebäudeautomationssystem bedarfsgerecht konditioniert werden. Insgesamt 31 Schaltschrankfelder und zehn dezentral über das Gebäude verteilte Installationsverteiler dienen der Automatisierung der Energiezentrale, der zwei Lüftungszentralen, einer Technik- und Heizungszentrale sowie den Räumen und Ausstellungsflächen.
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Der Gebäudetechnik wurde im Untergeschoss des Museum Reinhard Ernst viel Platz eingeräumt (c) mre Helbig Marburger -
Maßgeschneiderte Lösung für außergewöhnlich hohe Ansprüche an die Betriebssicherheit
Die hohe Betriebssicherheit, insbesondere im Hinblick auf konstante Raumkonditionen lösten die Experten von Bosch über eine erweiterte Programmierung der Automationseinrichtungen. Die intelligente Lösung erkennt selbstständig, wenn die Sensorik nicht ordnungsgemäß funktioniert und überbrückt die Zeit bis zur Behebung der Ursache, indem sofort auf die nächstliegende Messtechnik umgeschaltet wird. „Das konstante Raumklima ist von derart großer Bedeutung, dass wir nicht wie bei einer Auto-Reifenpanne anhalten und das Rad wechseln können, sondern wir müssen Korrekturen während der Fahrt vornehmen“, so Christian Disse. Ähnlich agiert das Automationssystem bei Fehlfunktionen der Klimatechnik oder der Energieerzeuger, falls es beispielsweise zu einem Ausfall der Wärmepumpe kommen sollte. Für die meisten denkbaren kritischen Szenarien im Museum hat das Team von Bosch vorausschauende Automationsstrategien entwickelt und umgesetzt. „Ideen für noch mehr Betriebssicherheit entstehen immer im Dialog mit dem Kunden, der eine Lösung für eine Herausforderung sucht. Spezielle Bauten, wie das Museum Reinhard Ernst, unterscheiden sich in ihren Ansprüchen – und dann ist unser Einfallsreichtum gefragt. Dank unserer langjährigen Erfahrungen können wir solche innovativen Lösungen exakt und passend für unsere Kunden anbieten. Dieser Austausch ist gerade bei einem so technikaffinen Bauherrn wie Reinhard Ernst sehr bereichernd“, erzählt Disse. Der Unternehmer leitete bis vor wenigen Jahren zwei weltweit erfolgreiche Maschinenbau-Unternehmen.

Über unseren Experten Christian Disse
Seit mehr als 30 Jahren ist der Elektroingenieur Christian Disse in der Gebäudeautomation tätig. Er gilt als Experte für außergewöhnlich komplexe Automationslösungen und war für Bosch Energy and Building Solutions maßgeblich an der Detailplanung und Umsetzung der Systeme im Museum Reinhard Ernst zuständig. Dabei galt es, neben gängigen GA-Anforderungen, eine zuverlässige Klimakonstanz zum Schutz der wertvollen Kunst zu schaffen. Christian Disse bringt eine große Expertise in der Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik sowie bei der Programmierung komplexer Automationslösungen mit. Sein hochspezialisiertes Know-How stellte er unter anderem beim Coden der komplexen Regelungslösungen in der Elbphilharmonie unter Beweis. Am meisten Spaß macht ihm das Tüfteln, wie die Wünsche der Kunden erfüllt werden können. „Am Ende brauche ich aber das gesamte Team. Denn erst, wenn sie Feldgeräte angebracht und konfiguriert sind, kommt Leben in das, was ich programmiert habe.“
Herstellerübergreifende Integration über Bus-Technologie
Für ein lückenloses Abbild der Gebäude- und Raumzustände und die zuverlässige Klimatisierung im Museum integrierte das Team von Bosch Energy and Building Solutions über 600 nahezu unsichtbar montierte Sensoren und Aktoren in den Museumsräumen. Diese messen Temperatur, Feuchtigkeit und CO2-Gehalt, steuern Wasser- sowie Luftmengen und kommunizieren Betriebszustände und weitere relevante Gebäudedaten an die Automationseinrichtungen von Bosch. Über 1 600 Hardware-Datenpunkte und rund 2 700 Kommunikationspunkte wurden weitestgehend kabellos über Bus-Technologie, unter anderem Modbus, vernetzt. Dies ermöglicht den hersteller- und gewerkeübergreifenden Datenaustausch von Ist-Zuständen und Stellwerten innerhalb der weiteren technischen Gebäudeausrüstung (TGA) in Echtzeit. „Mit dieser Lösung ist es herstellerübergreifend möglich, alle Feldgeräte und die Steuer- und Regelungstechnik sowie gewerkeübergreifende TGA ohne weitere Schnittstellen zu verknüpfen. Außerdem lässt sich das System einfach skalieren“, so Christian Disse.
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In den ersten vier Wochen nach Eröffnung besuchten bereits 20 000 Kunst- und Architekturliebhaber das Museum Reinhard Ernst. (c) mre Helbig Marburger -
Gebäudemanagement-Software ermöglicht sicheren und effizienten Betrieb
Die gesamte technische Gebäudeausstattung ist über die Gebäudemanagementsoftware WEBVISION 5 von Bosch Energy and Building Solutions komfortabel zu bedienen. Die technischen Gewerke des Gebäudes können vom Bildschirm aus beobachtet, gesteuert und überwacht werden. Die Software zur intelligenten Analyse hilft dem Betreiber und seinem Technikteam dabei, den laufenden Gebäudebetrieb kontinuierlich zu optimieren. Dank Aufschaltung sämtlicher Energiezähler via Datenbus können Verbräuche über die Gebäudemanagement-Software visualisiert, analysiert und bewertet werden.
Das Museum Reinhard Ernst bietet nicht nur Ausstellungen, sondern darüber hinaus auch vielfältige Veranstaltungen, an denen viele Besucher gleichzeitig zusammenkommen. Die wechselnde Nutzung von klimasensiblen Räumen bereitet Betreibern und ihrem Facility Management normalerweise Kopfzerbrechen. Doch die Bosch-Lösung ermöglicht automatisierte Szenarien. Diese werden im Vorfeld definiert und entsprechende Betriebszustände im Gebäude festgelegt, die für wiederkehrende, aber auch einmalige Ereignisse oder Events erforderlich sind. „Dann drückt der Mitarbeitende einfach das Ereignis an, das per Mausklick automatisiert wird”, erklärt Christian Disse. In so einem einzigartigen Gebäude bleibt eben nichts dem Zufall überlassen. Das integrierte Meldemanagementsystem der WEBVISION 5 ermöglicht zudem die sichere Kommunikation von Störungen und Abweichungen der Gebäudetechnik, auch von externen Gewerken, beispielsweise der Sicherheitstechnik.
Optimale Gebäudeperformance auch aus der Ferne
Bei Bedarf erhält das Betriebsteam im Museum schnelle Unterstützung durch das Expertenteam von Bosch, welches aus der Ferne auf die Systeme zugreifen kann. Eine Remote-Diagnose kann schnell Klarheit schaffen und nicht selten erübrigen sich so Einsätze vor Ort. Falls es doch mal nötig werden sollte, dass ein Techniker in Wiesbaden gefragt ist, dann hat er auf jeden Fall direkt schon die relevanten Ersatzteile dabei. Dieser und weitere Services ermöglichen eine optimale Gebäudeperformance und einen nachhaltigen Gebäudebetrieb heute und in Zukunft.