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Bosch Energy and Building Solutions Deutschland
Moderner Schaltschrankbau

Herzstücke, die Gebäude zum Leben erwecken

Sie sorgen dafür, dass die Gebäude funktionieren wie geplant: Schaltschränke. Sie sind die unsichtbaren technischen Herzen jeder Gebäudeautomationslösung. Und weil kein Gebäude wie das andere ist, fertigt Bosch Energy and Building Solutions in eigenen Produktionsstätten ausschließlich Unikate. Ein Besuch in Verl gibt Einblicke in die moderne Fertigung und zeigt, welche Rolle dabei digitale Zwillinge spielen.

Blick über die Schaltschrank-Produktion bei Bosch Building Automation

Wenn Produktionsleiter Dirk Späte durch die Fertigungshalle geht, wirkt er entspannt. Noch vor wenigen Jahren wurde er bei seinen Rundgängen öfter einmal auf die Seite gezogen, um Fragen zu klären, Aufgaben zu verteilen und Arbeitsschritte zu prüfen. Heute reicht ein kurzer Blick in die Schlosserei, in der drei Mitarbeitende fräsen, Bleche schneiden und Kabelkanäle ablängen, um die Montageplatten und Gehäuse für ein anstehendes Projekt passgenau vorzubereiten. Danach ein Abstecher in die Bauteilbestückung, wo Relais, Schütze, und Reihenklemmen nach Layout aufgebaut werden. Ein Nicken, ein Gruß, jeder weiß, was zu tun ist. Von hier geht es zur Komponentenfertigung. „Wir verfügen jetzt über eine eigene Kabelkonfektionierung, die mit CAD-Daten gefüttert wird. Damit können wir bis zu 90 Prozent der Kabelsätze für einen Schaltschrank vorbereiten”, erläutert Dirk Späte, sichtlich erfreut über die Neuerung. Die vorgefertigten Kabelbäume liegen bereit, die weiteren notwendigen Komponenten auch.

Dirk Späte, Portrait Produktionsleiter bei Bosch Building Automation

Wir schaffen hier Unikate von höchster Qualität.

Dirk Späte, Produktionsleiter der Bosch-Fertigung in Verl

Wir sind in der Verdrahtung angelangt. Die in der Schlosserei vorbereiteten Montageplatten liegen auf Werktischen. Ein Knopfdruck und sie heben und senken sich, verändern die Neigung. Ganz so, wie die Mitarbeitenden es brauchen, um die elektrischen Bauteile und Reihenklemmen in möglichst ergonomischer Haltung zu verdrahten. „In den 25 Jahren, die ich im Schaltschrankbau tätig bin, hat sich einiges verändert. Aber die Handwerkskunst ist immer gleich wichtig geblieben”, sagt Dirk Späte, als er einer Mitarbeiterin anerkennend über die Schulter blickt. Eine Tür weiter zeigt sich das Ergebnis. Vor der Auslieferung des Schaltschrankes an seinen Bestimmungsort wird er durch das PQS-Team (Produktqualitätssicherung) mittels einer eigens hierfür entwickelten Simulationssoftware auf Herz und Nieren geprüft. „So sehen wir, ob alle Geräte aufgeschaltet werden können und der Schaltschrank einwandfrei funktioniert”, erklärt Dirk Späte am Ende des Rundgangs.

Bosch liefert Schaltschränke und Gebäudeautomation aus einer Hand

Mitarbeiter der Bosch Building Automation bei der Verdrahtung

„Wir schaffen hier Unikate von höchster Qualität”, sagt Dirk Späte. „Das ist wichtig, denn der Schaltschrank erweckt unsere hochwertigen Gebäudeautomatisierungslösungen zum Leben. Im Schaltschrank werden die Sensoren, Aktoren, Armaturen, Maschinen und Anlagen zusammengeführt und gesteuert. Damit ist der Schaltschrank Dreh- und Angelpunkt – oder wie Dirk Späte es nennt: das Herzstück jeder Automationslösung. Rund 3 000 solch individueller Fertigungen produziert Bosch pro Jahr in Verl und Waltenhofen, rund eine Woche wird für ein Schaltschrankfeld durchschnittlich benötigt. Durch die maßgeschneiderte Schaltschrankfertigung stellt das Unternehmen höchste Qualität sicher und kann zudem offener, flexibler und schneller auf Kundenwünsche reagieren.

Digitale Zwillinge unterstützen den optimierten Herstellungsprozess

„In Verl nutzen wir die Vorteile der Digitalisierung, wo es geht, und bauen sie weiter aus. Man kann sagen, dass Bosch hier eine Vorreiterrolle einnimmt. Das bedeutet aber nicht, dass die Mitarbeitenden überflüssig werden, auch wenn wir die Abläufe noch stärker digitalisieren. Es braucht weiter manuelle Zuarbeit, aber die Aufgaben werden sich verschieben. Das ist auch durch den zunehmenden Mangel an Fachkräften sinnvoll”, sagt Dirk Späte. Er ist glücklich über die Fortschritte und Verbesserungen in den Prozessen, die er seit Einführung digitaler Tools beobachtet und die eine weitere Steigerung von Qualität und Schnelligkeit bedeuten. Seit zwei Jahren werden die Schaltschränke anhand eines virtuellen Abbildes, aus denen heraus alle weiteren Arbeitsschritte konfiguriert werden können, hergestellt. Zuerst wird auf Basis der technischen Projektplanung ein digitaler Zwilling des Schaltschranks inklusive aller erforderlichen Bauteile und Verdrahtungen erstellt. Nach der erfolgreichen digitalen Testung geht es in die Produktion. Auch hier kann je nach anstehendem Arbeitsschritt eine Gesamtsicht in 3D abgerufen werden oder nur der Bereich, der für den einzelnen Schritt relevant ist. „Spätestens, als die Mitarbeitenden über den 24-Zoll-Monitor ihres Tablets den Plan nach Bedarf heranzoomen konnten, waren sie von den Möglichkeiten überzeugt”, erinnert sich Späte an die Einführungsphase. Heute gehen dank des digitalen Zwillings die einzelnen Fertigungsschritte leichter von der Hand, kann die Arbeit eines Kollegen von einem anderen übernommen werden. „Ein Schaltschrank ist Handarbeit. Jeder hat seinen eigenen Stil. Durch den digitalen Zwilling kann nun jeder Arbeitsschritt nachvollzogen werden.“, erläutert Dirk Späte.

Mitarbeiter der Bosch Building Automation bei der digitalen Prüfung von Schaltschrankelementen

Jedes Gebäude ist anders und auch jeder Schaltschrank ist ein Unikat

Damit die Gebäudeautomationslösung ihre volle Wirkung entfalten kann, werden die Schaltschränke individuell geplant. „Gebäude sind unterschiedlich groß, in den Etagen werden unterschiedlich viele Datenpunkte verarbeitet. Deshalb betrachten wir jedes Projekt und jeden Schrank einzeln und gehen immer wieder neu in die Planung, wobei wir natürlich auf bestimmte Mechanismen und vorgefertigte Layouts zurückgreifen. Letzten Endes müssen wir immer wieder neu überlegen, wie wir die Menge an Bauteilen und Schaltungen, die wir verarbeiten müssen, in dem Schaltschrank unterbringen können. Dazu kommt die Vorgabe, wie viel Platz der Kunde für den Schrank zur Verfügung stellt”, führt Dirk Späte weiter aus. Über den digitalen Zwilling lässt sich das gesamte Projekt für jeden Prozessschritt abrufen. In der Schlosserei, wo die Rohgehäuse bearbeitet und die Montageplatten vorgefertigt werden, öffnet der Schlosser den Aufbauplan in 2D- oder 3D-Ansicht und zoomt in die Zeichnung hinein, ob die Bauteile geschraubt oder auf einer Tragschiene platziert werden. So verfahren auch die anderen Gewerke. „Nicht alles kann digitalisiert werden”, räumt Dirk Späte ein. „Wenn ich eine gewisse Leistung, Stromstärke verarbeiten muss, müssen die Stromschienen dafür bearbeitet werden. Das ist eine Aufgabe für eine qualifizierte Fachkraft.” Andere Schritte innerhalb der Verdrahtung werden dagegen durch Step-by-Step-Anleitungen oder Farbcodes vereinfacht.

Der nächste Schritt in der Bauteilbestückung ist, dass über einen Beamer ein Lichtkegel auf der Montageplatte erzeugt wird, der markiert, wo das Bauteil eingeklickt werden muss. „Das ist dann wie Malen nach Zahlen”, sagt Dirk Späte mit Augenzwinkern.

Mitarbeiter der Bosch Building Automation bei der digitalen Prüfung von Schaltschrankelementen

Nachfrage nach dezentralen Lösungen steigt

Der Schaltschrankbau entwickelt sich weiter und wird komplexer. Die Nachfrage nach dezentralen Lösungen steigt. Das heißt, in Gebäudeautomationsprojekten werden die Einheiten in Zukunft stärker aus mehreren kleineren digitalen Schaltschränken bestehen. Die Kunden sparen dadurch Kosten, weil u.a. deutlich weniger Kabel innerhalb des Gebäudes benötigt wird. „Die Herausforderung ist, die Baugruppen in der jeweiligen Größe unterzubringen”, erklärt der Schaltschrank-Profi.

Insbesondere in Bestandsgebäuden spielt die Expertise aus der eigenen Schaltschrankproduktion von Bosch eine immer wichtigere Rolle. Denn beim Umbau im Bestand werden meist nicht alle Anlagen komplett erneuert. „Hier ist unsere Erfahrung und Kreativität gefragt. Denn es ist eine Herausforderung, Anlagen im Bestand und im laufenden Betrieb umzubauen. Unsere Aufgabe ist, die Sonderlösungen so auf den Weg zu bringen, dass die Arbeit für das Team vor Ort möglichst einfach ist”, beschreibt Dirk Späte und meint eine detaillierte Vorbereitung und die Migration vom alten auf den neuen Schaltschrank.

Mehr Sichtbarkeit

Wenn er sich etwas wünschen könnte, würde Dirk Späte dem Schaltschrank und der gesamten Gebäudeautomation eine größere Bühne geben: „Bislang wünschen sich die Kunden, dass der Schaltschrank kaum sichtbar ist. Dabei ist die Gebäudeautomation das Herz eines jeden Gebäudes. Das darf man ruhig zeigen.”