Wie integrierte Sicherheitslösungen den Schutz verbessern

Wie sicher ist die Energiewende? Dezentrale Energieerzeugung bringt besonders beim Thema Sicherheit neue Herausforderungen für Betreiber mit sich. Ob Brandfrüherkennung, Perimeterschutz oder IT-Security: Der Schutz von Anlagen erfordert heute integrierte, smarte Lösungen, weiß Tim Kosok, der bei Bosch Energy and Building Solutions Energiekunden als Teamleiter betreut. In diesem Artikel skizziert er, wie moderne Technologien dabei helfen können, Risiken zu minimieren und gleichzeitig den Betrieb effizienter zu gestalten.
Anfang 2025 kam es in Schönecken, Rheinland-Pfalz, zu einem Brand in einer Biogasanlage. Der Schaden vor Ort war das eine, die Auswirkungen für die Bevölkerung aber das andere – der Energieversorger musste die Anlage wegen eines brennenden Transformators abschalten und die Einwohner der Umgebung waren damit längere Zeit ohne Strom. Dass die Energieversorgung einer der sensibelsten Bereiche der Infrastruktur ist, wird in solchen Momenten bewusst. Hier können schnell wirtschaftliche Schäden entstehen, aber auch die öffentliche Ordnung kann gefährdet werden. Weniger gegenwärtig dagegen ist, wie komplex Gebäudesicherheit heute gedacht werden muss und welche innovativen Lösungen Energieversorgern dabei helfen, mögliche Risiken deutlich zu minimieren.
Die Energiewende und der verstärkte Ausbau erneuerbarer Energien haben den Markt speziell auf Erzeugerseite verändert. Neben den traditionellen Energieversorgern, die große Kraftwerke und Anlagen betreiben, gibt es heute vermehrt weitere spezialisierte Unternehmen, die vor allem im Bereich nachhaltiger Strom- und Wärmeerzeugung tätig sind. Mit der wachsenden Anzahl an Betreibern von Wind- und Solarparks, Biogas- oder Geothermieanlagen geht einher, dass die Anlagen der Erzeuger heute deutlich dezentraler angelegt sind, als man es bei der zentralen Energieversorgung gewohnt war. Ein Blockheizkraftwerk (BHKW) in einem Wohnquartier für kombinierte Strom- und Wärmeerzeugung oder eine Biogasanlage für die Energieversorgung im ländlichen Raum sind nur zwei Beispiele solch lokaler Anlagen. Der Ausbau der dezentralen Energieerzeugung rückt auch das Thema Sicherheit immer stärker in den Fokus. Hierbei müssen verschiedene Aspekte für einen reibungslosen Betrieb berücksichtigt werden.
Brandschutz als oberste Prämisse
Wie im erwähnten Fall spielt Brandschutz eine große Rolle. Zuverlässige Detektion und schnelle Reaktion sind zwei bedeutende Schlüssel zum Vermeiden von Bränden und den daraus resultierenden Schäden. Vorbeugende Maßnahmen rund um den anlagentechnischen Brandschutz dienen der präzisen Identifikation von Bränden, der schnellen Informationsverarbeitung und der Weiterleitung an die Sicherheitsleitstellen. Besonders interessant für die Branche sind dabei Lösungen mit videobasierter Brandfrüherkennung – einer Kombination aus Videoüberwachung und künstlicher Intelligenz, die sich besonders gut für den Einsatz in Energieerzeugungsanlagen und auch in gebäudenahen Außenbereichen eignet. Hierbei werden Flammen und Rauch bereits erkannt, bevor sie zur Gefahr werden. Wo herkömmliche Brandmeldetechnik an ihre Grenzen stößt, bringt der Einsatz videobasierter Brandfrüherkennung zahlreiche Vorteile und hebt den Brandschutz auf ein neues Niveau. Gängige Brandmeldetechnologie ist darauf angewiesen, dass Rauch in ausreichender Konzentration zu ihr migriert.
Dabei kann es sein, dass der Rauch stark verdünnt oder von einem Luftstrom erfasst wird, bis er von einem installierten Melder detektiert wird. Bis dahin schreitet der Brandherd unbemerkt voran und aus einem kleinen Funken kann schnell eine große Gefahr entstehen. Die visuelle Branderkennung durch IP-Kameras mit intelligenter Videoanalyse direkt an der Entstehungsquelle verkürzt diese Detektionszeit deutlich und ermöglicht eine schnelle Reaktion. Eingebunden in eine definierte Alarmierungskette, wird der Sicherheitsgrad signifikant erhöht, da im Alarmfall sofort eine situationsgerechte Einsatzplanung ermöglicht wird und Gegenmaßnahmen eingeleitet werden können. Bewährt hat sich hierbei die Alarmierung über einen Alarmserver, der Push-Nachrichten und Live-Streams auf mobile Endgeräte an einen vorab definierten Personenkreis sendet. Eine solche Lösung zur Brandfrüherkennung und automatisierten Alarmierung kann eng mit anderen Gebäudesicherheitslösungen vernetzt werden, um eine ganzheitliche Sicherheitsstrategie zu realisieren.

„Energieversorger mit dezentralen Erzeugungsanlagen können dem Thema Sicherheit mit intelligenten Lösungen begegnen. Besonders die wirkungsvolle Kombination aus physischem Schutz und IT-Sicherheit wird in Zukunft entscheidend sein. Wir sind ein erfahrener und zuverlässiger Partner für vernetzte Gebäudelösungen auf Basis modernster Technologien. Mit unserer deutschlandweiten Präsenz können wir außerdem den lokalen Servicebedarf optimal abdecken.“
Tim Kosok, Teamleiter Betreuung Energiekunden bei Bosch Energy and Building Solutions
Integrierte Sicherheitslösungen für Perimeterschutz und Zutrittskontrolle

Dezentrale Energieerzeugungsanlagen befinden sich häufig auch in abgelegenen oder schlecht einsehbaren Gebieten und sind meist weniger gesichert als große Kraftwerke. Einbrüche oder Vandalismus können dort nicht nur Sachschäden verursachen, sondern auch die Energieerzeugung destabilisieren. Integrierte Sicherheitslösungen, die sich smarter Technologien bedienen, ermöglichen hier umfassenden Schutz. Ein wichtiger Bereich ist hierbei die Zutrittskontrolle: Berechtigungen für den Zugang zur Anlage durch Mitarbeiter und Fremdfirmen können über smarte Zutrittskontrollsysteme zentral verwaltet und Zuwiderhandlungen an eine zentrale Gefahrenmeldezentrale gemeldet werden. Der Betrieb solcher Systeme ist heutzutage mit einem reduzierten administrativen Aufwand verbunden und erhöht gleichzeitig den Sicherheitsstandard.
Besonderes Augenmerk sollte außerdem auf dem Perimeterschutz liegen: Durch den Einsatz von Videotechnologie mit intelligenter Analysesoftware wird das Eindringen unbefugter Personen und Objekte auch bei extremen Witterungs- und Wetterbedingungen sowie über große Reichweiten automatisiert erkannt. Dabei können auch Eindringlinge identifiziert werden, die rollen, kriechen oder sich tarnen, um Zäune, Eingänge oder Zufahrten zu durchdringen. Um Falschalarme beispielsweise durch Insekten, Tiere oder Fahrzeuge auf ein Minimum zu reduzieren, hilft künstliche Intelligenz dabei, zu verifizieren, ob ein Alarm von einer Person oder durch einen anderen Auslöser verursacht wurde. Bewegungsanalyse ermöglicht außerdem die automatische Verfolgung von Personen, die keine Zugangsberechtigung haben.


Der Perimeterschutz dezentraler Energieerzeugungsanlagen kann dabei nicht nur den Schutz des Geländes im bodennahen Bereich beinhalten, sondern auch den Luftraum über dem Gelände durch potenzielle Bedrohungen von Drohnen umfassen. Hierbei kommen integrierte Drohnendetektionssysteme zum Einsatz, die den Luftraum zuverlässig rund um die Uhr überwachen. Drohnen sollten aber in diesem Kontext nicht nur als mögliche Gefahrenquellen, sondern auch als äußerst wertvolle Schutzmaßnahme eingestuft werden: Drohnen, die BVLOS (Beyond Visual Line of Sight) geflogen werden, also über den Computer durch ausgebildete Piloten in zentralen Leitstellen ohne Sichtkontakt, liefern datenschutzkonform Videoaufnahmen in Echtzeit und bieten so neue Möglichkeiten, große Gelände mit Wächterflügen zu überwachen. Auch wird die Prüfung von Stromtrassen, Pipelines oder beispielsweise Windparks auf mögliche Schäden oder Störungen möglich, ohne dass Personen vor Ort sein müssen oder auf kostenintensive Maßnahmen zurückgegriffen werden muss.
„Für uns als spartenneutraler Interessenverband von Transport- und Verteilnetzbetreibern aus den Bereichen Strom, Gas, Wasser, Abwasser, Fernwärme und Telekommunikation ist es unerlässlich, dass die Sicherheitslösungen für dezentrale Anlagen nicht nur technologisch auf dem neuesten Stand sind, sondern auch die lokale Versorgungssicherheit und die öffentlichen Interessen schützen. Nur so können wir durch smarte Sicherheitslösungen sowohl physische als auch digitale Bedrohungen abwehren und das Vertrauen der Bevölkerung langfristig bewahren.“
Jan Syré, VST – Verband Sichere Transport- und Verteilnetze/KRITIS e.V.
Gefahrenmanagementsysteme sorgen für Transparenz und Kontrolle in sicherheitskritischen Situationen
Um schnell und zielgerichtet auf Gefahrensituationen wie Brände, Einbruchsversuche oder Systemstörungen zu reagieren, eignet sich der Einsatz eines Gefahrenmanagementsystems, welches die Handhabung sicherheitskritischer Situationen für den Energieversorger erleichtert. Vorrausetzung hierfür ist die Integration aller sicherheitsrelevanten Systeme in einer Softwarelösung. Basierend auf den spezifischen Anforderungen und den jeweiligen Umgebungsbedingungen werden nun Szenarien entwickelt, die ein optimales Zusammenwirken der Sicherheitssysteme bei einer Gefahrensituation ermöglichen. Dynamische Verfahrensanweisungen versetzen Verantwortliche und Mitarbeiter zudem in die Lage, situationsgerechte Entscheidungen zu treffen und adäquat zu handeln. Durch eine dezentrale Datenverwaltung mit sicherer und verschlüsselter Netzwerkkommunikation wird auch der Einsatz an Standorten mit limitierter Bandbreite ermöglicht.
IT-Sicherheit benötigt erhöhte Aufmerksamkeit
Der Einsatz moderner IoT-Technologien und Software in einem vernetzten Sicherheitssystem kann den Schutz dezentraler Energieerzeugungsanlagen essenziell erhöhen, stellt aber die Verantwortlichen vor die Herausforderung der IT-Sicherheit. Technologien und Systeme sollten nicht nur die einschlägigen Normen und Standards erfüllen, sondern es gilt, bereits bei der Planung ein mehrstufiges Sicherheitskonzepts zu berücksichtigen, das gegen unbefugte Zugriffe schützt. Gleichzeitig ist über die gesamte Betriebsdauer darauf zu achten, dass die IT-Sicherheit sichergestellt wird. Eine wesentliche Komponente ist daher der Einsatz einer Gefahrenmeldezentrale. Als zentrale Plattform verarbeitet diese die Daten der einzelnen Systeme, beispielsweise aus Brand-, Einbruch- und Perimeterschutz, über verschiedene Standorte hinweg und ist, wenn sie mit einer weiteren Komponente ergänzt wird, gleichzeitig dazu in der Lage, das gesamte IT-Netzwerk in Echtzeit zu überwachen.
Fazit
Moderne Sicherheitslösungen bieten heute eine Vielzahl von Möglichkeiten, mit denen unter anderem dezentrale Energieerzeugungsanlagen noch besser geschützt werden können. Für Energieversorger lohnt es sich daher, die aktuellen Konzepte auf den Prüfstand zu stellen und bedarfsgerecht zu optimieren. Neben dem Plus an Sicherheit ergeben sich hierdurch auch neue Möglichkeiten, um personellen Aufwand, der sich beispielsweise durch manuelle Kontrollen ergibt, deutlich zu verringern. Investitionen in smarte Sicherheitslösungen werden sich für Energieversorger lohnen, die proaktiv statt reaktiv handeln möchten.

Über unseren Experten Tim Kosok
Tim Kosok ist seit 2006 bei Bosch Energy and Building Solutions tätig. Als Systemberater im Büro Nürnberg betreute er in den letzten Jahren Projekte und Bauvorhaben aller Art – von Hotels über Bürogebäude bis hin zu Museen. Seit 2020 liegt sein Fokus als Teamleiter auf der Betreuung von Energiekunden. In seiner Arbeit mit Energieversorgern, Übertragungs-, Verteil- und Stromnetzbetreibern überzeugt er durch die Entwicklung von Sicherheitslösungen, die auf die individuellen Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten sind.